Patina

Eigentlich bin ich Upcycler aus Notwendigkeit geworden: Die Geräte und Objekte, die ich gerne auseinandernehme kann ich meistens nicht wieder zusammenbauen und muss dann wohl was anderes draus machen, zum Beispiel aus zwei schlechten Stühlen einen guten Tisch. Ich finde praktische Lösungen für verlassene Objekte, die sich nach einem neuen Leben mit Patina sehnen.

Kreislauf

So wie Patchworkfamilien entstehen, bemühe ich mich also, aus den Trümmern der Zeit neue Geschichten zu schaffen, die man dann auch erzählen kann: Wo kommen denn diese Zutaten alle her? Was heisst jetzt neu und alt? Betracht man die Moleküle eines Glases Leitungswassers, erfährt man tatsächlich, dass sie ein paar Milliarden Jahre alt sind. Durch ihren biochemischen, Samsara-ähnlichen Zyklus könnten sie Teil von fast allem gewesen sein: Kopfsalat eines königlichen Gartens, letzer Atemzug eines thailändischen Warans, Stalins Magenwand ... Was Sie also heute in Ihren Händen halten - dieses Glas frisches Wasser, die Hand Ihres Liebhabers oder einen Mohnblütenstrauss - aus der Ewigkeit kommt, auch dahin wieder zurückkehren wird und Ihnen dort gelegentlich sehr wohl begegnen könnte - in welcher Form auch immer. Fazit: Schätzen bitte das, was durch Ihre Pfoten kommt und geht!

Upcycling

Re-cycling findet immer statt, früh oder spät, mit oder ohne unser Einverständnis. Upcycling dagegen öffnet den geschlossenen Kreis des Recyclings, um ihn in eine aufsteigende Spirale zu verwandeln: Obsoletes neu zu arrangieren, damit etwas Besseres entsteht, etwas Überlegenes. Dies geschieht nicht ohne menschliche Entscheidung, ohne Kurswechsel, ohne Politik.
Man kann sich natürlich fragen, welchen Sinn es überhaupt macht, Menschen bei einem Upcycling-Workshop beizubringen, wie man aus zwei schlechten Stühlen einen guten Tisch macht, wenn Andere auf ihre SUVs Aufkleber anbringen wie: Wer schützt uns vor Umweltschützer? Oder auf ihren Auspuff Fuck Greta! sprayen. Der französische Geograph Sylvain Tesson schreibt, dass Das einzig Bedauerliche beim Verschwinden des Menschen wäre, dass es dann keiner mehr gibt, um sich darüber zu freuen. Auch wenn ich ihn manchmal gut verstehen kann, glaube ich trotzdem an den Vorbildeffekt. Vielleicht weil ich Kinder habe und in der Natur aufgewachsen bin.

Ressourcerie

Meine Upcycling-Werkstatt funktioniert wie eine Ressourcerie. Da gibt es ein Lager, wo Sie Ihren alten Sachen bringen können, eine Werkstatt, wo ich Objekte repariere, umfunktioniere oder neu baue, ein Verkaufsraum, wo Sie nicht nur fertige Objekte sondern auch 2. Hand Rohstoffe erwerben können und es gibt Raum für Ideen: Vorträge, Workshops, Beratung. Ich wünsche mir, es gäbe in jedem Kiez so eine Ressourcerei. Währenddem freue mich auf Ihr Besuch!

Redaktionelle Beratung: Sigrun Matthiesen